FC Bayern vs. Atletico Madrid 1974: Erst Drama, dann Gala

Bayern München gegen Atletico Madrid – diese Paarung gab es im Europapokal erst zweimal. Dabei sollte es nur ein Spiel werden, aber das Landesmeister-Finale von 1974 hatte auch nach 120 Minuten noch keinen Sieger. Da Elfmeterschießen noch nicht in den Regularien vorgesehen war, wurde das Finale wiederholt. Übrigens eine Spezialität von Atletico, das schon 1962 bei der ersten Finalwiederholung überhaupt – im Europapokal der Pokalsieger gegen Florenz – dabei gewesen war. Damals gewannen die Spanier Partie Nummer zwei mit 3:0, zwölf Jahre später fanden sie ihren Meister in den Münchnern und verloren sogar noch deutlicher. DFB.de mit dem Rückblick auf zwei Tage im Mai 1974.

Das erste Finale

Am 15. Mai 1974 ging es für den FC Bayern in Brüssel gegen Atletico Madrid. Eine Bombendrohung am Münchner Flughafen sorgte für einen verspäteten Abflug, und dann wurden die Helden auch noch gehörig durchgeschüttelt. Doch wer Geschichte schreiben und nebenbei 30.000 Mark verdienen will, muss Opfer bringen. 58.000 Zuschauer brachten im Heysel-Stadion im Schatten des Atomiums auch Opfer. Zwei Stunden Fußball sahen sie und doch keinen Sieger, auch an Höhepunkten mangelte es.

Nach torlosen 90 Minuten ging Atlético durch einen Freistoß von Luis Aragonés in der 114. Minute in Führung und feierte schon innerlich. Da wurde einer zum Helden, der zu allem anderen geboren war – nur dazu nicht. Hans-Georg Schwarzenbeck, den alle nur „Katsche“ riefen, der Vorstopper. Ein Mann ohne Glamour und Starallüren. Die Bescheidenheit in Person und dienstbarer Geist für Weltklasse-Libero Franz Beckenbauer – im Klub und in der Nationalmannschaft.

Der knorrige Katsche also marschierte in allerletzter Minute über die Mittellinie, bekam den Ball und wusste nicht, wohin damit. Da schoss er ihn aus über 25 Metern ins Tor. „Warum ich geschossen habe, kann ich nicht erklären“, sagte Schwarzenbeck Jahre später. „Auch im Nachhinein nicht. Das muss mit Instinkt zu tun gehabt haben, denn Überlegung war es nicht.“ Am Tag seines wichtigsten Tores wollte er am liebsten gar nichts sagen und seufzte angesichts der Reportermeute: „Mensch, warum hat denn net der Gerd (Müller; Anm. d. Red.) das Tor geschossen? Warum denn ausgerechnet ich?“

Das Wiederholungsspiel

Die vielen Fans hatten andere Sorgen. Das Finale wurde zwei Tage danach an selber Stelle wiederholt, aber die wenigsten hatten Urlaub bis Freitag genommen. So war das Stadion am 17. Mai 1974 halb leer, nur noch 30.000 Fans waren Zeuge der bis dahin größten Sternstunde des FC Bayern. Diesmal war es kein Zitterspiel, diesmal lief der Bayern-Motor wie geschmiert. 4:0 (1:0) hieß es nach 90 grandiosen Minuten, den Torsegen spendeten Uli Hoeneß und Gerd Müller zu gleichen Teilen.

Hoeneß war an diesem Tag nicht zu halten, nach einem Konter tunnelte er Miguel Reina, den Vater des späteren Bayern-Torwarts Pepe Reina, und erzielte die Führung (28.). Gerd Müllers 2:0 (56.) wurde 24 Jahre später von Marco van Basten im EM-Finale 1988 kopiert, ein Volleyschuss aus unmöglichem Winkel. Mit einem Lupfer von der Strafraumgrenze schoss Müller ein weiteres für ihn untypisches Tor (69.), das Atletico den Rest gab. Hoeneß kam nach einem Konter, bei dem er auch noch Reina umspielte, zum 4:0 (82.). Dann fielen sich die Bayern jubelnd in die Arme, es war der erste von drei Landesmeister-Titeln in Folge, der Beginn einer internationalen Ära.

„Die Spanier waren der Stier und die Deutschen der Matador“, schrieb eine spanische Zeitung. Am nächsten Tag waren die Matadoren von Trainer Udo Lattek zahm wie Lämmer, als sie am Gladbacher Bökelberg noch ein Bundesligaspiel austragen mussten. Zum Glück hatten sie in der Vorwoche schon die Meisterschaft gewonnen. Da schmerzte das 0:5 in der „Alkoholverdunstungsstunde“ (Lattek) gegen den alten Rivalen keinen mehr.

Quelle dfb.de