Guardiolas Nachfolger 2016/2017 – Das ist Carlo Ancelotti

Der künftige Bayern-Trainer im Porträt

Der deutsche Fußball-Rekordmeister verkündete den Abschied des 44-jährigen Guardiola, der seinen am Saisonende auslaufenden Dreijahresvertrag wie erwartet nicht verlängern wird. Ancelotti vereint vieles, was dem deutschen Fußball-Rekordmeister gefallen dürfte. Vor allem die Titelsammlung des Mannes aus Reggiolo in der Emilia-Romagna ist standesgemäß für die Münchner. Dreimal gewann Ancelotti die Champions League (2003 und 2007 mit dem AC Mailand, 2014 mit Real Madrid), Landesmeisterschaften gehören für ihn fast schon zum Pflichtprogramm. Mit Milan, dem FC Chelsea und auch Paris Saint-Germain gelang ihm die nationale Krönung. Ancelotti ist nach Giovanni Trapattoni der zweite Italiener auf der Trainerbank des FC Bayern.

Coverciano ist ein angenehmer Ort. Die Großstadt Florenz geht hier in die Hügel der Toskana über. Geschützt von Mauern und Hecken liegt unter Zypressen das Trainings- und Ausbildungszentrum des Italienischen Fußballverbands FIGC. Hier wurde Carlo Ancelotti zum Trainer ausgebildet. Seine Abschlussarbeit trug den Titel „Il futuro di calcio: Più dinamicità“ („Die Zukunft des Fußballs: Mehr Dynamik“).

Lässt sich anhand dieses Titels die Spielphilosophie des Mannes erahnen, der dreimal die Champions League gewonnen hat? So einfach ist es nicht. Anders als Visionär Josep Guardiola, anders als Jürgen Klopp, der wegen seines viel zitierten Begriffs „Vollgasveranstaltungen“ mit schnellem Umschaltfußball identifiziert wird, steht Ancelotti weniger für eine bestimmte Spielidee. Seine Ausbildung im Herzen der italienischen Trainerschulung zeigt aber, in welcher Tradition sich die Karriere des heute 56-Jährigen entfaltet hat.

Als Spieler gewann Ancelotti zweimal mit AC Mailand den Europapokal der Landesmeister. Zu den Trainern in seiner aktiven Karriere zählten Arrigo Sacchi, Fabio Capello, Cesare Maldini, Sven-Göran Eriksson und Nils Liedholm. Bei solchen Vorbildern lag es nicht fern, selbst die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Trotz erster Erfolge mit Reggiana und Parma schien es aber noch 2002 ungewiss, ob Ancelotti den Durchbruch als Coach schaffen würde. Juventus gab seine Entlassung 2001 in der Halbzeitpause des letzten Ligaspiels bekannt. Bei seiner nächsten Station Milan beschwerte sich Silvio Berlusconi über den vermeintlich zu defensiven Spielstil der Mannschaft.

In der Champions League-Saison 2002/03 trafen Ancelotti (AC Mailand) und Matthias Sammer (Dortmund) als Trainer aufeinander.

Tatsächlich lagen die Stärken von Ancelottis Mailänder Mannschaft zunächst nicht gerade in der Offensive. Das Champions-League-Endspiel 2003 gegen Juventus gilt als eines der ereignislosesten der Geschichte und ging nicht ohne Grund mit 0:0 nach 120 Minuten ins Elfmeterschießen. Doch schon damals deutete sich eine taktische Vorliebe Ancelottis an. Er, der selbst als Spieler eher ein Achter als ein Spielmacher gewesen war, priorisierte stets Präsenz und Dominanz im Mittelfeldzentrum vor der Besetzung der offensiven Außenbahnen.

Zu seinen großen Stärken wird gezählt, mit Stars jeden Charakters gut auszukommen. Als Spieler war Ancelotti bei Milan in einer der großen Mannschaften der Fußballhistorie aktiv, gemeinsam mit Marco van Basten, Frank Rijkaard, Ruud Gullit, Franco Baresi, Alessandro Costacurta und Paolo Maldini. Vielleicht wirkt es deshalb so mühelos sicher, wie er als Trainer mit Weltstars wie Cristiano Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic, David Beckham, Kaká oder Ronaldinho umgeht, ohne jemals seine Macht ihnen gegenüber demonstrieren zu müssen.

Der Vater zweier erwachsener Kinder (Katia, Davide) hat seine Auszeit gebraucht. Nach dem Erringen von „La Decima” 2014, dem so lange ersehnten zehnten Champions-League-Triumph mit Real, ließ sich der frühere italienische Nationalspieler am Rücken operieren und genoss die Zeit mit seiner spanisch-kanadisch-stämmigen Frau Mariann Barrena in Vancouver .

Ancelotti kann mit starken Persönlichkeiten umgehen. Auf dem Platz war er Dompteur von Fußball-Diven wie Zlatan Ibrahimovic, Cristiano Ronaldo oder Frank Lampard. Auch mit den mächtigen Führungsfiguren in seinen Clubs wie Silvio Berlusconi, Roman Abramowitsch oder Florentino Perez arrangierte sich Ancelotti.

Pep Guardiola und Carlo Ancelotti begrüßen sich vor dem Halbfinal-Hinspiel im Bernabeu-Stadion in Madrid 2014.

Ancelotti und auch Guardiola kennen sich gut. 2014 demütigte Real die Bayern in München im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals mit 4:0. Ancelotti selbst kennt die Tiefen des Geschäfts aber auch. Seine vielleicht bitterste Niederlage erlitt der penetrant Kaugummi kauende Coach 2005, als er mit Milan das „Königsklassen”-Endspiel gegen den FC Liverpool trotz einer 3:0-Pausenführung noch verlor.

Derzeit spricht Carlo Ancelotti vier Sprachen: Italienisch, Englisch, Französisch und Spanisch. Dass er demnächst bald Deutschunterricht nimmt, gilt als sehr wahrscheinlich.

„Wenn Trapattoni es geschafft hat Deutsch zu lernen, schaffe ich das auch“